So schützen Sie sich vor Phantomlohn bei Minijobs
Der Phantomlohn ist immer wieder ein Thema bei Betriebsprüfungen durch die Sozialversicherung. Denn anders als im Steuerrecht gilt in der Sozialversicherung das Entstehungsprinzip für die Beitragspflicht. Genau diese Sichtweise sorgt bei den Betrieben regelmäßig für Probleme bei den Betriebsprüfungen. Denn nur durch dieses Entstehungsprinzip kommt es in der Sozialversicherung überhaupt zu dem Problem des Phantomlohns und damit leider auch oft zu empfindlichen Nachzahlungen bei Betriebsprüfungen.
Was ist der Phantomlohn überhaupt?
Zunächst einmal muss dafür zunächst einmal betrachtet werden, wann überhaupt Beitragspflicht zur Sozialversicherung besteht. Die Sozialversicherung beansprucht nämlich Beiträge auf das Entgelt, auf welches der Arbeitnehmer einen Anspruch hat, also auf den „geschuldeten“ Lohn. Dieses „fiktive“ Entgelt muss nicht das tatsächlich gezahlte Entgelt sein, sondern kann durchaus höher sein.
Im Steuerrecht sieht dies übrigens anders aus, hier gilt das sogenannte Zuflussprinzip. dabei wird nur der Entgeltbetrag der Steuer unterworfen, der auch tatsächlich an den Arbeitnehmer ausgezahlt worden ist, also ihm „zugeflossen“ ist.
Aber zurück zur Sozialversicherung. Der Phantomlohn entsteht, sobald der Arbeitnehmer ein höheres Entgelt (aus welchem Grund auch immer) beanspruchen kann, als er tatsächlich erhalten hat bzw. von dem Sozialversicherungsbeiträge erhoben worden sind.
Beispiel:
Ein Minijobber hat anstatt des gesetzlichen Mindestlohns von 8,84 € je Stunde nur 8,00 € seitens seines Arbeitgebers erhalten. Die Sozialversicherungsbeiträge sind dabei auch nur von 8 € je Stunde berechnet worden.
Da der Minijobber nach dem Mindestlohngesetz einen gesetzlichen Anspruch auf 8,84 € (Mindestlohn) je Stunde hat, berechnet die Sozialversicherung auch aus 8,84 € die Sozialversicherungsbeiträge. Dies ist dann der „Phantomlohn“.
(Beispiel für 2017 mit dem neuen Mindestlohn aktualisiert)
Phantomlohnfalle in der Betriebsprüfung
In der Praxis wird von der Phantomlohnfalle gesprochen, wenn genau dieser Fall eintritt. Dass die Betriebe die Beiträge aus einen zu geringem Entgelt berechnet haben, wird Ihnen oft erst im Rahmen der Betriebsprüfung bewusst. Das gilt gerade auch dann, wenn der Arbeitnehmer sich nie in diesem Zusammenhang beschwert hat und mit dem (zu geringem) Entgelt über Jahre hinweg zufrieden war.
Aber auch hier gilt, Unwissenheit schützt nicht vor Strafe (des Betriebsprüfers). Daher sollten Sie im Lohnbüro bei Ihren Minijobbern peinlichst darauf achten, dass Sie nicht in den zweifelhaften Genuss des Phantomlohns kommen.
Aus diesem Grund sollten Sie zunächst prüfen, welche Anspruchsgrundlagen für die Entgelthöhe Ihrer Minijobber berücksichtigt werden müssen.
Übersicht der Entgeltanspruchsgrundlagen Ihrer Minijobber
Dies sind die Anspruchsgrundlagen des Arbeitsentgelts für Ihre Minijobber:
- gesetzliche Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz (derzeit mindestens 8,50 € je Stunde; ab 2017 8,84 €),
- Leistungen nach dem Arbeitnehmerentsendungsgesetz (Branchenmindestlohn, zum Beispiel im Baubereich, Pflegebranche usw.),
- Tarifverträge, auch allgemeinverbindliche Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen,
- Arbeitsvertrag,
- Leistungen aufgrund betrieblicher Übung (z. B. Weihnachtsgeld, Jahresleistungsprämien),
- Entgeltfortzahlungsansprüche bei Krankheit oder Urlaub,
- Ansprüche aus rechtskräftigen Urteilen.
Sie sehen, dass sind einige Grundlagen, die Sie beachten müssen. Mittlerweile sind die Prüfer verstärkt auf der Suche nach Verstößen gegen den Mindestlohn. Das gilt sowohl für den allgemeinen Mindestlohn von 8,84 €, aber auch für die jeweiligen Branchenmindestlöhne.
Tricksen Sie daher nicht beim Mindestlohn, denn das kann leider richtig teuer werden.
Update am 6.7.2016: Ab 2017 gilt ein neuer Mindestlohn von 8,84 € je Stunde.
Update: 6.11.2018: Ab 2019 gilt ein neuer Mindestlohn von 9,19 Euro je Stunde.
Entgeltfortzahlungsanspruch auch bei Minijobbern beachten – Phantomlohn
Auch Ihre Minijobber und kurzfristigen Aushilfen haben im Krankheitsfall bis zu 6 Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dabei müssen Sie beachten, dass die Arbeitnehmer das Gehalt erhalten, welches sie bei „tatsächlicher Arbeitsleistung“ erhalten hätten. Es gilt hier nämlich das Ausfallprinzip (schon wieder ein Prinzip).
Dieses besagt letztlich, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf den Lohn (Vergütung) hat, den er auch bei tatsächlicher Arbeitsleistung erhalten hätte. Somit sind folgende Leistungen (Lohnbestandteile) im Rahmen der Entgeltfortzahlung stets zu berücksichtigen:
- fester Monatslohn,
- Stundenlohn,
- Vermögenswirksame Leistungen,
- weitere pauschale Vergütungen.
Die Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit (SFN-Zuschläge) müssen Sie ebenfalls weiterzahlen, wenn diese bei Arbeitsleistung angefallen wären. Das bedeutet, wenn der Arbeitnehmer für diese besonderen Zeiten eingeteilt war. Das gilt einerseits für feste Arbeitszeiten, also wenn der Minijobber beispielsweise immer Dienstag und Mittwoch arbeitet und an diesen Tagen arbeitsunfähig erkrankt war, aber auch wenn bei flexibler Arbeitszeiteinteilung eine schriftliche Einsatzplanung vorliegt. Existieren also Dienst- oder Einsatzpläne, auf denen der erkrankte Minijobber für die Krankheitszeiten eingeteilt war, sind die vereinbarten Zuschläge auch zu zahlen.
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Da gerade im Minijobbereich die Arbeitseinsätze oft spontan vereinbart werden, beispielsweise im Gastronomiebereich, wenn bei gutem Wetter im Außenbereich vermehrt Servicekräfte benötigt werden, entfällt hier oft eine schriftliche Einsatzplanung. Liegen dann auch keine ärztlichen Atteste über die Arbeitsunfähigkeit des Minijobbers vor, so kann durchaus der Standpunkt vertreten werden, dass hier keine tatsächliche Arbeitsleistung an den Krankheitstagen angestrebt war. Damit entfällt dann auch der Entgeltfortzahlungsanspruch.
Anders verhält sich dies jedoch, wenn die Arbeitsleistung „schriftlich vereinbart“ war, also durch Arbeitsvertrag sind feste Arbeitstage festgelegt oder durch einen Einsatzplan, wie er im Pflegebereich verwendet wird. Dann gibt es nämlich sogar einen schriftlichen Nachweis über die „geplante“ Arbeitsleistung, die ein Betriebsprüfer dann verwenden kann.
Phantomlohn – Es ist ein Kreuz mit der Beitragspflicht und SFN-Zuschlägen
Ist Entgeltfortzahlung für einen Minijobber zu leisten, so zählen also auch die vereinbarten SFN-Zuschläge gezahlt werden.
Die Sozialversicherung und auch das Steuerrecht verkomplizieren es aber (wieder einmal). Denn Die SFN-Zuschläge, die grundsätzlich in einem bestimmten Rahmen steuerfrei und beitragsfrei gestellt werden können, unterliegen im Falle der Entgeltfortzahlung der Steuer- und Beitragspflicht.
Denn die Steuer- und Beitragsfreiheit gilt nur bei tatsächlicher Arbeitsleistung. Werden die SFN-Zuschläge im Rahmen der Entgeltfortzahlung gezahlt, so sind sie voll steuer- und beitragspflichtig, da genau die tatsächliche Arbeitsleistung (durch die Erkrankung) nicht erbracht worden ist.
Und genau hier setzt der Betriebsprüfer an. Haben Sie erkrankte Minijobber, denen Sie „nachweislich“ trotz ärztlich nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit, keine Entgeltfortzahlung gezahlt haben, tappen Sie in die Phantomlohnfalle.
Es gibt aber auch noch ein weiteres Ärgernis bei Entgeltfortzahlungsansprüchen und SFN-Zuschlägen. Oft betrachten die Betriebe die fortgezahlten SFN-Zuschläge bei Krankheit während der Entgeltfortzahlung nicht steuer- und beitragspflichtig, sondern steuer- und beitragsfrei. Leider ist das wieder ein gefundenes Fressen für den Betriebsprüfer. Denn diese SFN-Zuschläge bei Krankheit sind beitragspflichtig!
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Obacht bei Zahlung von SFN-Zuschlägen und Urlaubsentgelt – Phantomlohn
Ähnliches gilt auch bei der Zahlung von Urlaubsentgelt an Ihre Minijobber. Als Bemessungsgrundlage für das Urlaubsentgelt dient auch bei Minijobbern der durchschnittliche Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn.
Sind hier SFN-Zuschläge enthalten, so müssen diese auch versteuert und verbeitragt werden. Seien Sie also auf der Hut und prüfen Sie bei krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten und Urlaubsentgelten Ihrer Minijobber die Lohnabrechnung lieber einmal zu viel als zu wenig.
Fazit: Sie sehen, der Betriebsprüfer hat einige Hebel, um Sie in die Phantomlohnfalle tappen zu lassen. Prüfen Sie regelmäßig gerade bei Ihren Minijobbern die angesprochenen Punkte des Beitrags.
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4 Antworten
Ein ganz toller Artikel mit wichtigen Informationen und Hinweisen. Das wird ganz sicher vielen Menschen eine sehr große Hilfe sein, denn in diesem Bereich kommen ja doch immer noch sehr häufig Fragen auf.
[…] Krankheit: Legt der Minijobber Ihnen einen gelben Schein (ärztliches Attest) vor, so sind Sie zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für bis zu sechs Wochen verpflichtet. Denken Sie hier bitte daran, dass Sie sich das fortgezahlte […]
Hallo!
Wir sind ein Pflegedienst und ich habe folgende Frage zur Entgeltfortzahlung im Urlaub- bzw. Krankheitsfall:
Wenn eine Mitarbeiterin krank ist, und eingeteilt war, bekommt sie die Stunden für den Dienst zu den gearbeiteten Stunden und dafür auch die SFN-Zuschläge (Durchschnitt der letzten 3 Monate) bezahlt. Was passiert mit der Zeit, wo sie nicht eingeteilt war? Bekommt sie da auch die Fortzahlung? z.B. Krank ab 21.11.2018 bis ca. Mitte Januar. Im Dienstplan wurde die Mitarbeiterin nicht mehr berücksichtigt, da bekannt war, dass sie längere Zeit krank ist.
Bekommt sie eine Lohnfortzahlung für Dezember und Januar? Wenn ja, wieviel?
Es wäre mir eine große Hilfe, wenn Sie mir das beantworten könnten. Bei der Minijob-Zentrale bekomme ich nur „allgemeine“ Antworten, die ich aber, meiner Meinung nach, nicht auf einen Pflegedienst übernehmen kann…
Besten Dank schonmal!!
Viele Grüße
Guten Tag,
ich darf hier keine Beratungsleistungen in dieser Form geben. Daher kann ich hier nur auf einen Steuerberater verweisen.
Nur soviel:
Ist kein Dienst geplant oder vertraglich vereinbart, dann hätte an diesen Tagen ja keine Arbeit gegen Entgelt bestanden…